Die Sechs von Leipzig (häufig auch als die Leipziger Sechs bezeichnet) ist die Bezeichnung für eine sechsköpfige Gruppe, die mit ihrem gemeinsamen Aufruf am 9. Oktober 1989 zur Gewaltfreiheit der Montagsdemonstration während der Friedlichen Revolution in Leipzig beitrug.

Mitglieder der Sechs von Leipzig

  • Kurt Masur, Gewandhauskapellmeister
  • Peter Zimmermann, Theologiedozent an der Karl-Marx-Universität (Zimmermann gestand später, dass er lange Zeit als Inoffizieller Mitarbeiter „Karl Erb“ für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet hatte.)
  • Bernd-Lutz Lange, selbständiger Kabarettist
  • Kurt Meyer, Sekretär für Kultur der SED-Bezirksleitung Leipzig
  • Jochen Pommert, Sekretär für Agitation und Propaganda der SED-Bezirksleitung Leipzig
  • Roland Wötzel, Sekretär für Wissenschaft und Erziehung der SED-Bezirksleitung Leipzig

Formulierung des Aufrufes

Am 9. Oktober rief Kurt Masur um 13.45 Uhr den SED-Kultursekretär Kurt Meyer an, mit dem er sich bereits drei Tage zuvor voller Sorge über die zunehmend bedrohliche Lage ausgetauscht hatte. Masur regte an, gemeinsam darüber nachzudenken, was man tun könne, um am Abend „das Schlimmste zu verhindern“. Daraufhin beriet sich Meyer mit seinen Sekretärskollegen Jochen Pommert und Roland Wötzel. Sie schlugen Masur vor, bei ihm zu Hause zusammenzukommen. Masur war einverstanden und willigte auch ein, dass der Theologe und CDU-Politiker Peter Zimmermann sowie der Kabarettist Bernd-Lutz Lange an dem Treffen teilnahmen. Dort formulierte die Gruppe gemeinsam ihren – an beide Seiten gerichteten – Aufruf zur „Besonnenheit“ samt dem Versprechen, sich für einen politischen Dialog einzusetzen.

Lange vervielfältigte den Text mit einer Schreibmaschine und Kohlepapier. Zimmermann lief mit den Durchschlägen in die vier Kirchen, in denen gerade die montäglichen Friedensgebete stattfanden, und bat die Pastoren, den Text am Ende des Gottesdienstes „mit allem Nachdruck“ zu verlesen. Der für Agitation und Propaganda verantwortliche Pommert organisierte, dass ein Mitarbeiter des Senders Leipzig vom Rundfunk der DDR, Michael Zock, den von Masur gesprochenen Text auf Tonband aufnahm. Eine Ansage durch Zock mit Nennung aller sechs Beteiligten wurde vorangestellt. Pommert veranlasste weiter, dass der Aufruf vom Stadtfunk Leipzig verbreitet wurde. Auch der Sender Leipzig strahlte ihn an diesem Tag in seiner Sendung Leipzig heute aus.

Demonstration am 9. Oktober 1989

Am 9. Oktober standen 8000 Polizisten, Kampfgruppenmitglieder und NVA-Soldaten bereit. In den Krankenhäusern waren die Blutkonserven aufgestockt worden, medizinisches Personal wurde zu Spät- und Nachtschicht zwangsverpflichtet. Die Nikolaikirche war schon gegen 14 Uhr mit etwa 600 SED-Mitarbeitern besetzt. Zugverbindungen nach Leipzig waren erschwert. Trotz der drohenden Gefahr einer „chinesischen Lösung“ nach Vorbild des „Massakers vom Platz des Himmlischen Friedens“ fanden sich 70.000 Bürger nach den Friedensgebeten zusammen. Kurz vor Schluss des Friedensgebetes wurde in allen Kirchen der „Aufruf der Leipziger Sechs“ verlesen. Ab 18 Uhr wurde der Appell immer wieder über den Stadtfunk ausgestrahlt.

Tatsächlich verlief die folgende Demonstration mit über 70.000 Teilnehmern (manche Quellen sprechen von bis zu 100.000) erstmals ohne jede Gewaltanwendung. Als die Menschen am Hauptbahnhof vorbeizogen, zogen sich die Sicherheitskräfte zurück. Mit einer solchen Anzahl an Menschen hatte der Staat nicht gerechnet. Nach unbeantworteten Telefonaten nach Berlin entschieden der amtierende 1. Sekretär der Leipziger SED-Bezirksleitung Helmut Hackenberg und Polizeipräsident Generalmajor Gerhard Straßenburg den Rückzug und gaben die Anweisung: „Keine aktiven Handlungen gegen Personen zu unternehmen, wenn keine staatsfeindl. Aktivitäten u. Angriffe auf Sicherheitskräfte, Objekte u. Einrichtungen erfolgen“. Die Gründe und der genaue Hergang sind aber bis heute nicht vollständig geklärt. Auf den Treppenstufen zum Eingang der Bezirksverwaltung der Staatssicherheit („Runde Ecke“) wurden Kerzen aufgestellt. Gegen 20 Uhr war die Demonstration beendet und die Macht des SED-Staates gebrochen.

Literatur

  • Neues Forum Leipzig (Hrsg.): Jetzt oder nie – Demokratie! Leipziger Herbst ’89. Zeugnisse, Gespräche, Dokumente. Forum Verlag, Leipzig 1989, ISBN 3-86151-001-4. 
  • Bernd-Lutz Lange, Sascha Lange: David gegen Goliath – Erinnerungen an die Friedliche Revolution. Aufbau-Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-351-03787-1. 

Radiosendung

  • Leipzig, 9. Oktober 1989 – Eine Chronik der Ereignisse, Feature von Peter-Hugo Scholz, Regie: Ingo Colbow, Mitteldeutscher Rundfunk, 9. Oktober 2009.

Weblinks

  • Audio-Aufnahme des Aufrufs in: Montagsdemonstrationen Leipzig 1989: "Wir sind das Volk" auf der Website der Stadt Leipzig
  • Hintergründe zur Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989 in Leipzig. In: Objekt- und Fotodatenbank Online. Museum in der „Runden Ecke“, abgerufen am 10. Oktober 2019. 
  • Kurt Masur entzaubert - 2. erweiterte Auflage

Einzelnachweise


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Würfel fünf Sechsen Nummer sechs 6 Stockfotografie Alamy

Blaue nummer sechs Fotos und Bildmaterial in hoher Auflösung Alamy

Leipziger Allerlei mit einem

Fünf sind sechs zu viel Carlsen